Sind Gefühle mehr als nur Elektrochemie?

Das wichtigste in Kürze

Viele Forscher leiten Gefühle und Gotteserlebnisse auf elektrochemische Prozesse im Gehirn zurück. Doch die Tatsache, dass Gefühle über nahezu alle Arten hinweg auftreten, lässt Zweifel daran aufkommen. Und auch chemische Botenstoffe sind eben nur Botenstoffe und keine Gefühle an sich. Gefühle sind wie auch das Bewusstsein reine Metaphysik, sie sind eine artenübergreifende Ursprache und stehen für den göttlichen Funken in uns.


Der Beweis für Elektrochemie?

Im Beitrag „Gibt es einen allumfassenden Geist?“ haben wir uns mit den großen Momenten auseinandergesetzt, in denen wir uns eins fühlen mit dem Universum. Sei es in tiefer Meditation, in Momenten großer Gefühle, beim Lauschen ergreifender Musik, bei intensiven Naturerlebnissen und bei körperlicher oder geistiger Ektase. Auch lassen sich solche Einheits- oder Gottesgefühle künstlich mit Hilfe psychedelischer Drogen oder magnetischer Felder hervorrufen. Für Gläubige ist das ein Gottesbeweis, für Skeptiker genau das Gegenteil, denn wenn man etwas künstlich erzeugen kann, dann ist das ja ein Beleg dafür, dass es eine Illusion sei, die uns durch reine Elektrochemie vorgegaukelt wird. Und überhaupt, alle Gefühle lassen sich auf Gehirnareale und elektrochemische Prozesse zurückführen.

Unterschiedliche Hardware, gleiche Wirkung

Bei Säugetieren konnte das Gefühlszentrum im Limbischen System lokalisiert werden. Verletzungen in diesem Hirnareal führen zu Persönlichkeitsveränderungen bis hin zu vollständiger emotionaler Fühllosigkeit. So weit so gut, doch betrachten wir das grundlegend anders aufgebaute Hirn von Vögeln, so findet sich auch hier an ganz anderer Stelle, nämlich dem dorsalen ventrikulären Kamm, ein Zentrum für Gefühle. Wer einen Papagei oder Wellensittich besitzt, der weiß, dass dieser mindestens genauso intensiv auf menschliche Gefühle reagiert und über dasselbe emotionale Repertoire wie höhere Säugetiere verfügt.

Von Schmusekatzen zu Schmusemuränen

Und es kommt sogar noch besser. Bisher galten Fische als gefühllose Reflexmaschinen. Doch auch hier haben mittlerweile spanische Forscher nachgewiesen (10/2011 – Neuronengeflüster im Endhirn), dass der Mantel ihres Vorderhirns (Pallium) der Sitz von Gefühlen ist. Fischer beobachten diese Entdeckung mit großer Beunruhigung, denn sollte sich herausstellen, dass Fische genauso intensiv Angst und Schmerz empfinden wie Säugetiere, so könnte es beim Fischfang zu ähnlich scharfen Auflagen wie für das Schlachten von Säugetieren kommen. Wenn Sie der Meinung sind, dass das wohl nicht sein kann, dann schauen Sie sich folgendes Video an:

Die dort gezeigte, frei lebende Muräne schmust und kuschelt mit der Taucherin ähnlich intensiv, wie wir es von Hunden oder Katzen kennen. Um sich so zu verhalten muss sie auch ähnlich fühlen wie wir und unsere nächsten Verwandten aus dem Reich der Säugetiere. Das bedeutet aber auch, dass trotz völlig unterschiedlicher Gehirnstrukturen ähnliche Gefühle existieren.

Von gierigen und neu-gierigen Fischen

Und wer ein Aquarium sein Eigen nennt, der weiß genau, dass jeder seiner Fische ein anderes Verhalten an den Tag legt. Der eine ist am gierigsten, der nächste am neugierigsten, ein dritter am ängstlichsten, ein anderer am aggressivsten, ein weiterer am anhänglichsten und so weiter und so fort. Und das hat nichts damit zu tun, dass wir ihnen in unzulässiger Weise menschliche Eigenschaften zuschreiben die sie nicht haben, sondern es sind Verhaltensweisen die sich klar beschreiben und prognostizieren lassen. Wenn es ums Füttern geht werden die Gierigen, die Aggressiven und die Neugierigen als erste da sein, die Schüchternen, Ängstlichen und Anhänglichen werden erst später zum Zug kommen. Und wenn wir mit der Hand ins Aquarium greifen werden die Gierigen versuchen sie anzuknabbern, die Aggressiven sie zu beißen und die Neugierigen werden sie interessiert untersuchen. Die Ängstlichen werden sich verbergen, die Schüchternen sich erst nach einiger Zeit annähern und die Anhänglichen werden wir so schnell nicht mehr los. Egal welche Lebenssituation wir anschauen, Hunde, Katzen, Papageien aber auch Fische werden sich je nach ihrer Persönlichkeit ähnlich verhalten.

Artenübergreifende Persönlichkeiten

Vor ca. 400 Mio. Jahre trennten sich die evolutionären Wege von Fischen und heutigen Wirbeltieren. Der letzte gemeinsame Vorfahr von Säugetieren und Vögeln dürfte vor 280 Millionen Jahren gelebt haben. Die Hirnstrukturen dieser Tiere sind also keine Variationen ähnlich gebauter Strukturen sondern haben sich grundsätzlich unabhängig voneinander entwickelt. Dennoch zeigen diese Tiere gleiche und durchaus individuelle Emotionen. So einfach können wir das weder auf reine Elektrochemie noch auf evolutionäre Selektion zurückführen. Denn in diesem Fall müssten alle Tiere einer Gattung sehr einheitliche Gefühle an den Tag legen. Doch haben wir bei allen Tierarten die komplette Bandbreite aller Charaktere. Es gibt bei jeder Gattung Gierige, Aggressive, Neugierige, Schüchterne, Ängstliche, Anhängliche usw. So gibt es Gänse, die aggressiver als ein Großteil frei lebender Löwen sind, so manch ein Hase hat schon eine Schlange in die Flucht geschlagen und ich kenne Pitbullterrier, die wesentlich gutmütiger sind als die meisten Schmusekatzen.

Das Liebesleben der Weinbergschnecke

Noch seltsamer ist das Verhalten gewöhnlicher Schnecken. Diese ja doch sehr primitiven Tiere vergnügen sich in einem bis zu 20-stündigen Liebesakt, der, wer es einmal mit eigenen Augen gesehen hat, an Innigkeit kaum zu überbieten ist. Ich hatte einmal das Vergnügen, mir gute 10 Minuten das Liebesspiel zweier Weinbergschnecken anzusehen, wobei sie sich fest umschlangen und sich ausgiebig und zärtlich mit ihren Fühlern betasteten, was meine Einstellung gegenüber diesen schleimigen Gesellen komplett verändert hat. Auch hier versagen die Erklärungen Darwins jämmerlich, denn die Schnecken hatten sich einen Wanderweg als Liebesnest ausgesucht auf dem sie völlig ungeschützt vor Fressfeinden und den Fußsohlen großer Tiere ihrer Leidenschaft frönten. Aus evolutionärer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn, sich so lange und lustvoll mit dem einfachen Austausch von Samenpaketen aufzuhalten und letztendlich sein Leben aufs Spiel zu setzen:

Zärtliche Brutpflege bei Kakerlaken

Und es geht noch weiter, selbst die von uns so verhassten Kakerlaken sind alles andere als gefühlslose biochemische Roboter. Sie kümmern sich außergewöhnlich zärtlich um ihre Brut. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass junge Kakerlaken mit Streicheleinheiten wesentlich besser gedeihen als isolierte Tiere (mehr dazu hier). Nun sind die Nervenzentren von Schnecken und Kakerlaken unendlich weit von Gehirnen höherer Wesen entfernt. Dennoch spielt für diese Wesen so etwas Sinnloses wie Zärtlichkeit – letztendlich also Gefühle – eine zentrale Rolle.

Artenübergreifende Kommunikation

Wie bereits im Beitrag „Gibt es einen allumfassenden Geist?“ beschrieben, sind es Gefühle, die eine Artenübergreifende Kommunikation ermöglichen. Sie sind sozusagen eine allgemeingültige Ursprache zwischen allen beseelten Geschöpfen. Denn nicht nur wir Menschen spüren, in welcher Stimmung sich Tiere, egal welcher Gattung, befinden. Auch Tiere spüren, ob wir ihnen wohlgesonnen sind oder ob wir Angst vor ihnen haben. Nicht umsonst werden Menschen die Angst vor Tieren haben, egal ob vor Hunden, Raubfischen oder Instekten wesentlich häufiger angegriffen als solche, die den Tieren furchtlos gegenüber stehen. Und selbst wenn wir traurig sind, spüren das unsere tierischen Freunde worauf hin sich die Einfühlsameren unter ihnen darum bemühen, uns zu trösten.

Gefühle sind keine Erfindung des Gehirns

Die Bandbreite unterschiedlichster Emotionen die über nahezu alle tierischen Lebensformen beobachtet werden kann belegt, dass es sich bei Gefühlen nicht um einen isolierten Effekt handeln kann, der nur aufgrund spezieller Hirnstrukturen erklärbar ist. Die Hardware kann somit als Ursache ausgeschlossen werden. Doch was ist mit der Elektrochemie? Ist es nicht denkbar, dass Gefühle sich immer wieder auf dieselben chemischen Botenstoffe zurückführen lassen?

Botenstoffe sind keine Gefühle

Nachdem wir bereits im Beitrag „Ist der schöpferische Geist mit der Evolutionstheorie vereinbar?“ bei der parallelen Entwicklung von Augen feststellen mussten, dass der Ursprung des Sehens bereits in Einzellern zu suchen ist, können wir auch bei den Emotionen davon ausgehen, dass diese ebenfalls bereits von den Einzellern „erfunden“ wurden. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass artenübergreifend die gleichen oder ähnlichen Botenstoffe die Gefühle vermitteln. Doch sowenig das Internet in der Hardware meines Rechners zu lokalisieren ist, nur weil ich dort den Internetbrowser und seinen Cache finden kann, so wenig lässt es sich auf die IP-Datenpakete reduzieren, die zwischen den Rechnern ausgetauscht werden. Und das gleiche gilt für die Botenstoffe des Gefühlslebens. Nur weil ich ihre Wirkung analysieren, reproduzieren und somit Gefühle künstlich auslösen kann, habe ich noch lange nicht die eigentliche Natur der Gefühle entdeckt.

Übergang in die Welt des Metaphysischen

Wie in dem Beitrag „Wie real ist unser Geist?“ hergeleitet, ist das, was in uns fühlt nicht durch Chemie, Physik oder Naturgesetze beschreibbar. Gefühle und Bewusstsein stehen außerhalb der Physik. Sie sind Metaphysik. Sie sind die Ursprache, die uns mit allen Lebewesen verbindet, sie sind der göttliche Funke in uns. Wenn es also gelingt, ein Gotteserlebnis künstlich durch psychedelische Drogen oder magnetische Felder hervorzurufen, so ist das Erlebnis dennoch alles andere als künstlich. Es ist und bleibt metaphysisch. Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein metaphysisches Erleben eines metaphysischen Überwesens auch tatsächlich einen Kontakt zu diesem Wesen herstellt durchaus gegeben und somit weitaus größer, als dass sich dies ein fühlloser Biocomputer alles nur einbildet. Denn eines steht fest, damit sich ein fühlloser Biocomputer etwas einbilden kann, muss er das auch empfinden und somit fühlen, womit wir wieder die Welt des Physischen verlassen und uns ins Metaphysische begeben.

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