Wo ist der Übergang von Physik zu Metaphysik?

Das Wichtigste in Kürze

Mit der Quantenmechanik wurden Phänomene entdeckt, die eher dem Geistigen als dem Physischen ähneln. Dies sind Quantensprung, Welle-Teilchen-Dualsimus, Unschärfe, Aufenthaltswahrscheinlichkeit, Tunneleffekt, Vakuum-Fluktuation und Verschränkung.


 Geisterhaftes Verhalten

Im heutigen Blog möchte ich Ihnen meine Lieblinge vorstellen. Es handelt sich dabei um Phänomene, die sich nicht an die grundlegenden Prinzipien unserer Welt halten. Sie sind extrem sprunghaft. Das Prinzip von Ursache und Wirkung spielt für sie keine Rolle. Sie sind Zwitterwesen deren Standort überall und nirgendwo zu sein scheint. Sie können mühelos unüberwindbare Barrieren durchdringen. Sie tauchen aus dem Nichts auf um sogleich wieder spurlos zu verschwinden. Eine spukhafte Fernwirkung verbindet sie untereinander quer durch Raum und Zeit und es gibt Wissenschaftler, die in ihnen die Quelle des Geistes vermuten. Nein, es handelt sich dabei nicht um Geister, Gespenster oder andere Wesen aus dem Reich der Metaphysik sondern um die Grundbausteine unserer Welt, die Quanten, also nüchterne Physik.

Sprunghafter Charakter

Quanten sind winzige Energieträger deren Energiepotentiale nicht kontinuierlich verlaufen sondern diskret, also sprunghaft. Die bekanntesten Vertreter aus dem Reich der Quanten sind Photonen und Elektronen. Wenn wir beispielsweise einem Wolframatom Energie zuführen, wird es diese eine Weile ohne erkennbare Wirkung aufnehmen bis es zu einem Quantensprung kommt. Dieser Quantensprung besteht darin, dass eines der Elektronen aus seiner Hülle auf eine höhere, energiereichere Ebene springt. Nach einiger Zeit will das Elektron aber wieder auf seine angestammte Ebene zurück springen. Das ist aber nur möglich, indem es die zuvor aufgenommene Energie wieder abgibt und dies erfolgt in Form der Emission eines masselosen Photons, also eines Lichtteilchens. (Hier eine schöne Animation dieses Vorgangs).

Dieser sogenannte Quantensprung ist also nichts weltbewegendes, wie es der Sprachgebrauch suggeriert, sondern genau das Gegenteil, nämlich die kleinstmögliche Änderung eines Energiepotentials. Soweit ist das Verhalten unserer Quanten nichts Spektakuläres sondern ist vergleichbar mit einem Rasterschalter, der eben nur endlich viele Positionen kennt. Je mehr Kraft wir aufwenden, umso weiter springt unser Schalter.

Ursache und Wirkung spielen keine Rolle

Doch ganz so einfach machen es uns die Quanten nicht. Denn während wir bei unserem Rasterschalter genau messen können, wie viel Kraft wir benötigen, damit er auf die nächste Stufe springt, ist das unseren Quanten herzlich egal. Während wir bei einem Wolframatom bereits mit einer kleinen Energiemenge einen Quantensprung und somit einen Lichtblitz auslösen können, weigert sich ein anderes selbst bei hoher Energie ein Fünkchen von sich zu geben und dann haben wir da noch ein drittes, das es mal einfach so, ganz ohne Energieeinfluss blitzen lässt. Wir kennen dieses Verhalten auch von radioaktiven Zerfallsprozessen, wo wir nie wissen, wann während der Halbwertszeit eines Elements ein Atom zerfällt. Was aber auch gut so ist, denn würden sie alle zum selben Zeitpunkt zerfallen, hätte dies eine Atomexplosion zur Folge. Erst wenn wir viele Atome gleichzeitig anregen entsteht das, was wir als Ursache und Wirkung kennen. Fügen wir also viele Milliarden Wolframatome zu einem Draht zusammen und schicken Energie hindurch können wir auf die Millisekunde genau sagen, wann und wie viel Licht emittiert wird.

Zwitterwesen

Wie ich bereits im vorangegangenen Beitrag beschrieben habe sind die Grundbausteine der Materie weder Teilchen noch Welle sondern irgendetwas dazwischen. Es gibt dazu einen simplen aber höchst beeindruckenden Versuch. Das sogenannte Doppelspaltexperiment. Wenn wir einen Stein ins Wasser werfen, so breiten sich kreisförmig Wellen auf der Oberfläche aus. Stoßen sie nun auf eine Wand mit zwei Öffnungen – das ist der Doppelspalt – so breitet sich an jeder Öffnung wieder eine kreisförmige Welle aus. Diese beiden Wellen treffen sich in der Mitte und da, wo Wellenberge aufeinander treffen, werden sie doppelt so hoch, Wellentäler werden doppelt so tief und wo ein Berg auf ein Tal trifft, löschen sie sich aus und das Wasser bleibt unbewegt. Trifft das Ganze auf eine Wand ergibt das ein schönes Streifenmuster aus Bergen und Tälern, ein sogenanntes Interferenzmuster. Genau das gleiche passiert, wenn wir Lichtwellen oder Elektronen durch einen Doppelspalt schicken. Das ist der Beweis, dass wir es mit Wellen zu tun haben.

Wenn wir nun einzelne Elektronen durch den Doppelspalt schicken, hinterlassen sie an der Wand aber nur einen Punkt. Sie verhalten sich also wie ein Teilchen. Schicken wir aber viele Elektronen im Abstand von ein paar Sekunden nacheinander durch den Doppelspalt, so ist die Summe aller Pünktchen nicht gleichmäßig verteilt, wie wir es von Teilchen erwarten würden, sondern wir bekommen wieder ein Interferenzmuster. Die Erklärung ist einfach, wir haben es in Wirklichkeit bei jedem einzelnen Elektron mit einer Welle zu tun, die beim Durchgang durch den Doppelspalt mit sich selbst interferiert und da, wo die Welle zuerst die Wand berührt, einen Punkt hinterlässt.

Doch es wird noch verrückter, wenn wir nämlich beobachten durch welchen Spalt die einzelnen Elektronen tatsächlich gehen, dann gibt es am Ende ein gleichverteiltes Punktmuster und keine Interferenz. Mit anderen Worten, schauen wir hin, ist unser Elektron ein Teilchen, fühlt es sich unbeobachtet ist es eine Welle. (Hier finden sie eine schöne Animation des Doppelspalt-Experiments)

Quantenautos bekommen keine Strafzettel

Wären unsere Autos Quanten, dann hätte es die Polizei schwer, uns einen Strafzettel zu erteilen. Denn die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass ich bei Quanten zeitgleich nie genau ihren Ort und ihre Geschwindigkeit messen kann. Je genauer ich den Ort kenne, desto weniger kann ich über die Geschwindigkeit aussagen und umgekehrt. Das Ganze hat übrigens nichts mit Messungenauigkeiten zu tun sondern ist ein mathematisch berechenbares Grundprinzip. Auf unser Auto übertragen würde es bedeuten, dass ein Blitzer zwar exakt feststellen kann, um wie viel wir eine Höchstgeschwindigkeit überschritten haben, doch er kann nicht sagen, ob wir gerade auf der Nebenstraße mit Tempo 30 Limit fahren oder auf der nahegelegenen Autobahn. Auch dieses Verhalten hat etwas mit dem Welle-Teilchen-Dualismus zu tun. Je genauer wir den Ort eines Elektrons kennen, desto mehr reduzieren wir es auf ein Teilchen. Ganz zum Teilchen wird es, wenn wir es an die Wand knallen lassen und anhand des Einschlagpunkts seine exakte Position bestimmen können, doch dann haben wir alle Information über seine Geschwindigkeit verloren. Um diese messen zu können, müssen wir uns jedoch die Wellenausbreitung anschauen und dann können wir noch nicht einmal sagen, durch welchen Spalt das Elektron nun wirklich geht.

Überall im Universum

Sie werden jetzt vielleicht einwenden, dass wir aber trotzdem sehr genau wissen, in welchem Draht oder auf welcher Leiterbahn sich ein Elektron befindet. Aber selbst darauf lassen sich Quanten nicht festlegen. Wir können nur Aussagen über ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit treffen. Bei unseren Elektronenbahnen ist di e Aufenthaltswahrscheinlichkeit einfach nur größer als in den Bereichen dazwischen. Theoretisch könnte ein Elektron aber auch mal einen kleinen Ausflug ans Ende des Universums unternehmen, das ist zwar unendlich unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Dazu kann man sich auf Wikipedia wunderschöne Formeln angucken: http://de.wikipedia.org/wiki/Aufenthaltswahrscheinlichkeit

Wie ein Geist durch die Wand

Ich persönlich bevorzuge Beispiele, die diese Behauptung mit der Aufenthaltswahrscheinlichkeit verdeutlichen. Und hier eignet sich hervorragend der Tunneleffekt. Dabei handelt es sich um einen Effekt der in der klassischen Physik undenkbar ist. Auch für Elementarteilchen gibt es theoretisch unüberwindbare Hürden, je nach Teilchen sind das z.B. eine dünne Metallfolie oder eine kurze Strecke im Vakuum. Auch wenn die Teilchen die Energiebarriere dieser Hürde nicht überwinden können, sinkt ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit für Bereiche hinter der Barriere nur ab, wird aber nicht Null. So schafft es ein gewisser Anteil von Quanten tatsächlich auf der anderen Seite der Barriere wieder aufzutauchen, so als hätten sie einen Tunnel benutzt. Im Makroskopischen Raum wäre das vergleichbar mit einem Geist, der durch Wände gehen kann. Dass wir das in Wirklichkeit nicht können, liegt daran, dass alle Quanten eines Organismus gleichzeitig auf die Idee kommen müssten, ihr Glück auf der anderen Seite der Wand zu suchen. Nun sind Quanten ohnehin sehr eigenwillig und sträuben sich gegen koordiniertes Handeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Quanten gleichzeitig dieselbe Wand durchtunneln und auf der anderen Seite in der gleichen Konstellation wieder herauskommen geht deutlich gegen Null. Doch haben wir es bei einem menschlichen Körper nicht mit zwei sondern mit geschätzten 100 Quadrilliarden Quanten zu tun, was wiederum in etwa dem Durchmesser des Weltalls in Millimetern entspricht. Wenn Ihnen also jemand erklären möchte, dass der Tunneleffekt ein Beweis dafür ist, dass Gespenster oder Gurus in der Lage sind, durch Wände zu gehen, glauben Sie ihm besser nicht. Deutlich glaubwürdiger ist der Wikipedia-Beitrag zum Tunneleffekt: http://de.wikipedia.org/wiki/Tunneleffekt

Aus dem Nichts auftauchen

Aber es geht noch weiter. Wenn diese Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Teilchen für das gesamte Universum gilt, so müssten Teilchen sogar irgendwo weit draußen im Weltraum einfach so auftauchen und gleich wieder verschwinden. Man nennt das auch Vakuumfluktuation. Hierzu überlegte sich der Physiker Hendrik Casimir einen trickreichen Versuch. Dabei ging er davon aus, dass zwischen zwei sehr engstehenden Platten im Vakuum weniger Teilchen auftauchen als außerhalb der Platten. Folglich müssten diese virtuellen Teilchen diese beiden Platten mit einer gewissen Kraft zusammenpressen. Diese Kraft nennt sich auch Casimir-Druck. Mehr dazu hier: http://www.chemie.de/lexikon/Casimir-Effekt.html

Die spukhafte Fernwirkung

Die Mathematik der Quantenmechanik hat eine weitere Besonderheit, die Erwin Schrödinger als erster postulierte. Nämlich die Verschränkung von Quanten. Ein typisches Beispiel ist ein Lichtstrahl der an einem halbdurchlässigen Spiegelprisma in zwei unterschiedliche Teilstrahlen aufgespalten wird. So einen Strahlteiler darf man sich nicht als Gitter vorstellen, bei dem einfach nur ein Teil der Teilchen abprallt und der andere durchkommt. Es findet tatsächlich eine Aufspaltung der Photonen statt. Das bedeutet, aus einem Photon mit einer gewissen Energie entstehen zwei Photonen die gemeinsam so viel Energie enthalten, wie das ursprüngliche Photon. Je nach Strahlteiler können die beiden Photonen unterschiedliche Polarität oder auch eine andere Farbe aufweisen. Das Besondere an den Photonen ist nun, dass sie miteinander verschränkt sind. Albert Einstein befand diese These nicht besonders überzeugend, denn, so schloss er, würden Änderungen an dem einen Photon auch einen Einfluss auf seinen Zwillingsbruder haben und das sogar wenn beide räumlich voneinander getrennt sind. Er nannte das ganze spukhafte Fernwirkung und ging davon aus, dass dies unmöglich sei und somit auch die Thesen der Quantenmechanik widerlegt wären. Doch er sollte sich irren. Heute wissen wir, dass es diese spukhafte Fernwirkung gibt und es gibt zahlreiche Experimente mit denen dieses unerklärliche Verhalten bestätigt wurde. Das Paradoxe daran ist, dass die Information zwischen beiden Quanten instantan, also ohne Zeitverzug und somit wahrscheinlich sogar unendlich schnell übertragen wird, was allen physikalischen Gesetzen widerspricht.

Die geheimnisvolle Quelle des Geistes

Viele Esoteriker aber auch durchaus seriöse Wissenschaftler halten die Quanten aufgrund ihrer faszinierenden Eigenschaften als Quelle unseres Geistes. Am schönsten hat es der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik Hans-Peter Dürr formuliert: „Was wir am Ende allen Zerteilens vorfanden, waren keine unzerstörbaren Teilchen, die mit sich selbst identisch bleiben, sondern ein feuriges Brodeln, ein ständiges Entstehen und Vergehen, etwas, das mehr dem Geistigen ähnelt – ganzheitlich, offen, lebendig.”

Eines steht auf jeden Fall fest, die Welt der Quanten steht in ihren Eigenschaften der Welt des Geistigen, des Metaphysischen offensichtlich näher als unserer physischen, materiellen Welt. Somit dürfte hier auch der Übergang zwischen diesen zwei so unvereinbaren Welten liegen.

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